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Atomkraftwerke und wieso es (noch) nicht ohne geht…

Aufgrund der aktuellen (Atomkraftwerk-)Situation in Japan (Fukushima) und der Reaktion der Welt darauf („Weg mit der Atomenergie“), fühlte ich dieses Drängen danach, mich einmal schlau zu machen, welche Alternativen es eigentlich zur Atomkraft gibt und wie realistisch ein „plötzlicher“ Ausstieg ist.

Ich traue mich zu behaupten: Alle, die im Moment nach „Schafft die Atomkraft ab!“ schreien, sind auch Diejenigen, die sich beschweren, wenns dann wirklich soweit ist.

Denn dann wird Strom plötzlich ein Vielfaches vom jetzigen Preis kosten.
Dann wird Strom zum wertvollen Gut.
Dann könnte es passieren, dass man immer wieder am Abend ohne Licht, ohne Fernseher und ohne Internet da sitzt.

Ich möchte im Vorfeld betonen, dass ich kein Befürworter von Atomstrom bin. Allerdings bin ich Realist und realistisch betrachtet lässt sich Atomstrom im Moment einfach (noch) nicht vermeiden.

Wieso und warum lesen Sie in den folgenden Zeilen…

 

STROM – WOZU?

Ein Extrembeispiel, das verdeutlichen soll, wie wichtig Strom in unserem Leben ist: Haben Sie sich schon mal überlegt, was passiert, wenn wir von einem Tag auf den anderen keinen Strom mehr hätten?
Kein Elektromotor läuft mehr, keine Klimaanlage, kein Computer, kein Kühlschrank, kein Telefon, kein (Handy-)Ladegerät, kein Licht, kein Elektroherd, keine Geräte in Krankenhäusern, keine e-mails…

Es würde alles zusammenbrechen, keine Bank kann arbeiten, kein Amt kann seine Dienste verrichten, Lebensmittel verderben, es gibt keine Kassensysteme in Supermärkten, Kunden können weder Geld abheben noch elektronisch zahlen…die Liste lässt sich endlos fortsetzen – wir wären in der technologischen Steinzeit.

„Das passiert doch nicht“ denken Sie sich nun vielleicht!?

Das dachte man in Japan / Fukushima auch…
Die Natur belehrte uns eines Besseren und plötzlich fielen alle(!!!) Sicherheitsstufen aus – BUMM! (im wahrsten Sinn)

Natürlich ist die Darstellung oben übertrieben.
Ich möchte nur verdeutlichen, wie selbstverständlich Strom mittlerweile für Jeden von uns ist, ähnlich wie Wasser: Man denkt nicht nach, von wo er kommt und wofür man ihn braucht, man konsumiert ihn einfach. Er kommt ja eh aus der Steckdose…

 

ES GEHT AUCH OHNE…ODER DOCH NICHT?

Wir sitzen in Österreich auf einer Insel der Seeligen!
Leider nein: ca. 18% des Stromes, der in Österreich verbraucht wird, kann keiner Quelle zugeordnet werden. Man nimmt an, dass davon etwa 1/3 (= ca. 6-7% vom Gesamtverbrauch) aus Nuklearenergie stammt.

 

STROMPREISE

Als Beispiel dient uns Deutschland:
Deutschland benötigte im Jahr 2009 etwa 580 TWh (Terawattstunden) elektrische Energie.
Laut eines Berichtes des deutschen Bundeministeriums für Wirtschaft und Technologie trägt die Atomkraft in Deutschland fast 1/3 zur Stromproduktion bei (29%).
Im Kostenvergleich wird deutlich: Atomenergie ist aus diversen Gründen im Moment die günstigste Möglichkeit der Stromproduktion.
Wobei hier erwähnt sein soll, dass Kosten z.B. für Endlagerung oder Unfälle vom Steuerzahler bezahlt werden, eigentlich also noch dazugerechnet werden müssten.
Die Stromerzeugungskosten im Vergleich (lt. oben erwähntem Bericht) pro Megawatt:

  • Kernkraft: ca. 37,00 €
  • Kohle: ca. 62,00 €
  • Erdgas: ca. 58,00 €
  • Biomasse: ca. 97,00 €
  • Wasserkraft: ca. 102,00 €
  • Windkraft: ca. 135,00 €

Man kann also davon ausgehen, dass, wenn Atomenergie morgen wegfallen sollte, folgende Situation herrscht:

  • Annähernd 1/3 der Gesamtstromproduktion müsste über alternative Stromerzeugungs-Möglichkeiten produziert werden
  • Alle diese Möglichkeiten kosten (im Moment) MINDESTENS 2/3 MEHR als Atomstrom (nur Erzeugungskosten)
  • Um 1/3 mehr Strom erzeugen zu können, braucht man neue Anlagen (teilweise sind heutige z.B. Wasserkraftwerke unausgelastet, bedürfen jedoch einer Sanierung etc.), diese kosten viel Geld in der Errichtung / Sanierung / Erweiterung -> auch das kommt noch zum Strompreis dazu
  • In der CO2 Bilanz ist Atomstrom umweltfreundlich: CO2 entsteht lediglich beim Uranabbau und der -aufbereitung. Der CO2 Ausstoß würde sich daher um ein beträchtliches Maß erhöhen.

Aufgrund der oben erwähnten Gründe, wäre Strom somit meiner Meinung nach entweder etwa mindestens doppelt bis 3-fach so teuer im Vergleich zu heute und / oder stark erhöhte CO2 Emissionen wären die Folge.
Konkret: aus 50€ Stromkosten / Monat werden mind. 100€ für einen einfachen Haushalt.
Dementsprechend natürlich auch in der Industrie, das schlägt sich auf die Verbraucherpreise nieder, das Rad beginnt sich zu drehen.
Zusammenfassend gibt es also bisher 3 Faktoren, die im Moment dagegen sprechen: Geld, Umwelt, Zeit.

 

ALTERNATIVEN

Eine kurze Aufzählung von potentiellen Alternativen und Begründungen, weshalb leider (noch) keine Alternativen:

  • Gaskombikraftwerke stehen im Widerspruch zu Zielen der CO 2 -Reduktion.
  • Wasserkraft ist limitiert
  • Windkraft ist teuer im Betrieb, unstetig (Flauten)
  • Geothermie ist noch zu wenig erforscht
  • Kernfusion (nicht Kernspaltung) – man nimmt einen ähnlichen (thermischen) Wirkungsgrad wie AKW an. Kein CO2 Ausstoß bei Stromerzeugung, weniger Risiko im Betrieb als AKW, keine bis kaum radioaktive Emissionen. Allerdings noch zu unerforscht (keine Prototypen), begrenzter Vorrat an Brennmaterial (Tritium).
 

FAZIT / APPELL

Im Moment gehts einfach nicht ohne Atomstrom. Zumindest nicht langfristig.
Kurzfristig kann man vielleicht ein paar Kraftwerke vom Netz nehmen (z.B. aktuell in Deutschland).
Dafür muss man dann von Nachbarländern (z.B. Frankreich) Strom zukaufen. Und raten Sie mal, wie dieser Strom (teilweise) erzeugt wird? Durch Kernspaltung im Atomkraftwerk 😉

Daher mein Appell: Jeder, der die Parole „Weg mit dem Atomstrom“ ausposaunt, sollte sich auch über die Konsequenzen im Klaren sein. Und auch bereit sein, dafür etwas zu tun / zu geben.
Nämlich sowohl Mehrkosten in Kauf zu nehmen als auch den bewussten, verantwortungsvollen Umgang mit Strom zu lernen und zu praktizieren.
Nicht in der ganzen Wohnung das Licht brennen lassen. Keine unnötigen Geräte auf Standby lassen. Stromsparende Lampen verwenden. Und so Vieles mehr…

Den Umweltfaktor lassen wir mal außen vor, suchen Sie sich aus, was schlimmer ist: das Ozonloch oder radioaktive Strahlung (nur im Fall eines Unfalles).
Das Gleiche gilt übrigens auch für Wasser.

Ich ersuche um Ihren Kommentar bzw. Ihre Meinung zu dem Thema!

 

LINKS / QUELLEN

Ausstieg aus der Atomkraft bis 2020?: Pro und Contra der Kernkraft, sowie Alternativen zur Kernenergiehttp://www.suite101.de/content/ausstieg-aus-der-atomkraft-bis-2020-a59232#ixzz1GqJN4AHS

http://www.energie-verstehen.de/Energieportal/Navigation/Energieversorgung/stromerzeugung,did=309394.html?view=renderPrint

http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/pelli_haelt_akw-weg_fuer_nicht_mehr_gangbar_1.9922675.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusionsreaktor

http://de.wikipedia.org/wiki/Kernspaltung

http://de.wikipedia.org/wiki/Kernreaktor

http://noe.orf.at/stories/504555

http://de.wikipedia.org/wiki/Thermodynamik

Leserkommentar thermischer Wirkungsgrad AKW

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